MAHAMUDRA

VOM SCHLAF INS HÖCHSTE WACHSEIN

Mahamudra wird auch als das große Siegel, das große Symbol oder der Nirvanische Pfad bezeichnet und ist in der Wirkung gleich dem Direkten Pfad aus dem Maha-Satipatthana des Buddha. Die adäquate deutsche Bezeichnung wäre " Höheres Wachsein" oder der "Pfad zu Allem und Nichts" oder der "Direkte Weg ins Licht". Mahamudra ist das Gegenstück zur "Entfaltung über Erscheinungen" des Tantrismus. Siehe Video zu Tilopas Instruktionen auf dieser Seite ganz unten.

Was nun ist Mahamudra?


Das ist die in Tibet dargelegte Methode zum erleuchtenden Gewahrwerden der wahren Natur des Bewußtseins in heiterer Gelassenheit.

Dabei handelt es sich um eine andere Betrachtungsweise der Achtsamkeitsmethode, doch die Praxis ist diesselbe. Die Tibeter haben diese Praxis in ein eigenes System gepackt und gelehrt und dabei den Schwerpunkt auf die Atembeobachtung gelegt. Eine genaue Beschreibung findet man in "Tibetan Yoga and Secret Doctrines, 2. Buch". Bei anderen Texten fokusierte man sich besonders auf die Beschreibung der Endphase und Ergebnisse der lang dauernden Übung Mahamudra ist das Gegenstück zum Neo-Buddhismus der oberflächlichen Vorbereitungsübungen, Mahamudra ist vertikal und tiefgründig, während Lamrim und Ngöndro horizontal wirken. Besonders bekannt sind die Texte von Tilopa an Naropa und von Milarepa. Das "Höhere Wachsein" wurde von einem deutschen Mystiker (+1932) ebenfalls, aber anders, beschrieben. Die Praxis von Mahamudra oder von Satipatthana führen zum Erkennen der letzten Wirklichkeiten, wie u.a. in der Prajnaparamita wiedergegeben.
"Wird nicht das Leerwerden des Selbst-Geistes das Erreichen der Buddhaheit genannt?" (Milarepa).
Buddha: "Seltsam, in der Tat: ich sehe, daß in Wirklichkeit alle Geschöpfe erleuchtet sind, sie sind Buddhas."
"Mahamudra ist das vollkommene Loslassen und den Geist (wahre Natur des Bewußtseins) in heiterer Gelassenheit zu betrachten. Oder gelassenes Widerspiegeln ist erleuchtendes Gewahrsein in der Ruhe des Nicht-Denkens".
Wenn man alle in das Denkprinzip einströmenden Inhalte zügelt, zähmt, verwandelt, erweitert, schärft, erleuchtet und sublimiert, so geschieht dies gleichzeitig auch mit dem Prana (Atem) und umgekehrt. Die sich selbst verstärkende Beobachtung bewirkt mit der Zeit ein Anhalten bzw. sofortiges Auflösung all dieser "Störungen".

Das Ur-Licht tritt zutage und das REINE SCHAUEN wird geboren, der BEOBACHTER wird entdeckt.

Der Vajra ist für immer enthüllt - welch ein Sieg!
Die Tibeter haben jedoch den Fokus auf folgendes gelegt: Die zentrale Lehre des Mahamudra besteht aus 2 Bestrebungen: Entspannung und Anstrengungslosigkeit. Alle Leiden und alle Begierden sind von Natur aus spannungsbedingt. Befreiung aber ist, im Gegensatz dazu, ein anderer Name für "vollkommene Entspannung", Lösung, Entkrampfung. Aber, beherrscht von den seit langer Zeit fest eingewurzelten Gewohnheiten, findet es der durchschnittliche Mensch am allerschwierigsten, wenn nicht ganz unmöglich, einen Zustand tiefer Entspanntheit zu erreichen. Paradoxerweise ist Anstrengungslosigkeit* noch schwerer zu erreichen als Entspannung.

Selbst-Bewußtsein, Selbst-Gewahrsein, das ist die sich selbst gewahrwahrende oder selbstbezeugende Fähigkeit des Bewußtseins.

Die Funktion des Selbst-Bewußtseins (Selbst-Gewahrseins) ist, sich des Bewußtseins (als Sache) selber bewußt zu werden und es als das gegenstandslose, unvergängliche WAHRE ICH zu erkennen und sich mit ihm zu verbinden. Dieses reine Bewußt-Werden bzw. Gewahrsein zu kultivieren, auszubilden, ist die Hauptübung des Mahamudra.
Die Mahamudra-Meditation ist anstrengungslos* und natürlich; bei ihr wird nur anfänglich eine Stütze im Achtsamkeitsstrom des Yogi festgehalten, die dann aufgegeben wird, wenn dieser Strom das ganze Wesen erfaßt. Manche Schulen arbeiten ganz ohne Stütze, was die Bemühung jedoch erschwert. Mit Mahamudra soll zuerst das Sohn-Licht und dann das eingeborene Mutter-Licht des Dharmakaya erkannt werden. Die Tibeter kennen das auch als das "Reich des Dhyani-Buddha Vairocana". Damit ist die Erleuchtung und die geistige Vollkommenheit verbunden.

"Du glaubst, du bist wach. Nein, du träumst und schläfst".
Man darf sich nicht der Illusion hingeben, die Gelassenheit sei mühelos. In der schwierigen Anfangsphase ist es ein Kampf und das Wachsein und Durchschauen, denn Traum, Schlaf und Betäubung sind wirksamen Waffen der Persönlichkeit.

*Anstrengungslosigkeit bedeutet hier, daß der errungene Zustand des Dharmakaya bleibt und nie mehr wieder verschwindet, also keine Anstrengung mehr erfordert, während das Entspannen der vorausgehende Prozeß ist.


Was ist Gelassenheit durch Loslassen?

Das ist das Resultat der Bemühung, alle entstehenden oder entstandenen feinstofflichen Verbindungen des eigenen Wesens zur Welt unwirksam zu machen oder ihre Entstehung ganz zu verhindern.

So schön einfach das Wort klingt, so schwierig ist die praktische Umsetzung. Der Mensch ist durch viele kleine oder große Anhaftungen und Gefühlsbindungen an die Welt verbunden, welche alle auf der feinstofflichen Ebene im Unterbewußtsein als Atavismen siedeln und sich dem Tagesbewußtsein entziehen. Sie umhüllen jedoch das Bewußtsein, erzeugen Reaktionen und blockieren die Objektivität bis hin zur Dummheit, Man kann deren Einfluß nicht durch den Willen oder rationales Denken erzwingen. Dazu müssen im Alltag die Sinne durch konstante Selbstbeobachtung kontrolliert und die Atavismen aufgelöst werden. Das Loslassen beginnt also mit der Achtsamkeit (Mahamudra oder Satipatthana). Dieses Loslassen als Praxis der Achtsamkeit führt zu freudigen Zuständen durch Wissensklarheiten und dann zur Gelassenheit. Erst wenn durch die Praxis eine gewisse psychische Festigkeit erlangt wurde, kann man die Gedanken in der Übung bannen oder ihr Entstehen und Vergehen so auseinanderziehen, daß das Licht des Dharmakaya aufblitzt. Die Entspannung geht dann in Gelassenheit und Anstrengungslosigkeit über (keine Bemühung mehr).


Das Problem bei Mahamudra ist, daß die Moral scheinbar bedeutungslos ist.



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