Was passiert im Tod?


Obwohl Buddha dies alles kannte, gibt es dazu keine konkrete Lehrrede, daher ein Rückgriff auf  das Wissen der tibetischen Mystiker. Allgemein wird unter "Tod" das Ende aller Lebensprozesse beim Menschen verstanden, also keine Herzaktivität, kein Atmen und keine Gehirnströme mehr. Doch die Yogis wissen, der Tod ist mehr als das. Es gibt 2 Arten von Tod: der Tod als Ende einer menschlichen Existenz wie wir ihn kennen und den mystische Tod. Zuerst zum ersteren.

Ein Tod als kompletter Stillstand aller energetischen Aktionen und als komplette Auflösung aller psychischen Komponenten existiert nicht (Siehe dazu Kapitel "Karma verstehen" und "Sam-saro").

Meistens geht dem Tod ein sichtbarer Sterbeprozeß (Krankheit, Verfall) voraus, selten stirbt man den "Sekundentod" oder einen anderen plötzlichen Tod. Ist es dann "soweit", setzen die Sterbe-prozesse ein und als ersten beginnen sich die mystischen Elemente (siehe gleichnamiges Kapitel) nacheinander aufzulösen: Erde, Wasser, Feuer, Luft und Akasha und sogar hier hat der Mensch noch starkes Verlangen. Am Ende der Auflösung der Elemente werden die meisten bewußtlos, spätestens bei der letzten Einatmung. Dann tritt die Lebenskraft (Kundalini) in den zentralen Kanal (Sushumna) ein und schießt nach oben. Der innerliche Aufeinanderprall der Kräfte ist heftig, krachend und furchtbar. Das ist der wahre Todesmoment. Jetzt ist der Austritt ins Klare Ur-Licht (Dharmakaya, Nirvana) möglich. Dazu verlegen die Mystiker vor-her ihr Bewußtsein in die Füße. Ist das Brahmarandhra geschlos-sen bzw kein Pho-wa-Experte anwesend, kommt es zum Aufprall am Scheitel und die Energie wird zurückgeworfen, sie tritt in rechten oder linken Nadi (Ida, Pingala) ein und strömt abwärts. Es beginnt das Kaleidoskop der Erscheinungen. Der Mensch durch-läuft dabei den ganzen Schöpfungsprozess von Punkt Null bis zu seinem jetzigen Zustand. Der Abstieg ist höchst erlebnisreich, wenn man nicht bewußtlos ist. Dabei verdampft das Tagesbewußtsein und übrig bleibt nur das Unterbewußtsein. Je nach Qualitäts-zustand des Menschen tritt der feinstoffliche (bardische) Körper bei den Körperöffnungen aus (Anus ist sehr ungünstig). Das geschieht allgemein nach ca. 3 Tagen, d.h. bis dahin "vibriert" der fein-stoffliche Körper noch im physischen. Erst mit dem Ausstieg aus dem physischen Körper ist der Todesprozeß komplett abgeschlossen. Danach kann der Verstorbene seine Umstehenden sehen und hören, aber sie ihn nicht. Manche bleiben noch lange Zeit bei ihrem Körper bis dann das Karma sie endlich forttreibt. Der Mensch wacht mit neuem Tagesbewußtsein (ohne Erinnerung an das Vorleben) und altem Unterbewußtsein (altem Inhalt) nach der Geburt wieder auf. Yogis haben den Tod als einen komplexen Prozess beobachet und mehrfach selbst durchlebt, um vorbereitet zu sein. Ausführlich beschrieben hat das erstmals Padmasambhava im "Bardo Thödol" (Tibetisches Totenbuch). Geburt und Tod bzw. Tod und Neugeburt sind untrennbar miteinander verbunden (siehe Kapitel "Karma verstehen"). Der physische Tod des Menschen wird verursacht durch ständige Identifikation mit Dingen der Welt, welche alle der Vergänglichkeit (Veränderung) unterliegen. Könnte der Mensch sich nur mit Prana identifizieren, er wäre unsterblich. Menschen, die einen "Beinahe-Tod" erfahren haben, können von interessanten Dinge berichten, meist erzählen sie nur von den vorteilhaften oder schönen Dinge. Sie sind nicht immer eines natür-lichen, friedvollen Todes gestorben.

Der ganze Prozess zwischen Todesmoment und Wiedergeburt ver-läuft in mehreren Phasen (Bardos). Nur vollendete und vorbereitete Mystiker können den 1. Bardo, den Tschikhai-Bardo, und den 2. Bardo bewußt erleben und nutzen. Gelingt ihm das höchste Ergebnis nicht, so kann dieser noch im 2. Bardo, dem Tschönyi-Bardo, die Nie-Wiederkehr erlangen. Im 2. Bardo defilieren all die friedvollen und zornigen Gottheiten mit ihren Konsorten, wie man sie aus den tantrischen Darstellungen kennt. In der 3. Phase, dem Sipa-Bardo wird der Mensch mit seinen eigenen personifizierten Gedanken und Emotionen "von Angesicht zu Angesicht" gestellt. Seines Körper beraubt, kann der Mensch nicht mehr "tricksen" und sich verstellen, sein eigenes Gedächtnis ist sein Richter. Der bardische Körper kann nicht sterben und sich schneller als Licht bewegen (durch Gedanken). Im Sipa-Bardo ist der Schrecken und die Angst groß. Die Geschehnisse darin sind furchterregend, trügerisch, einengend und führen zu falschen Entscheidungen, was die Wiedergeburt beeinflußt. Die Nicht-Beherrschung eigener Impulse und Antriebe nimmt ihren Lauf. In den ersten 2 Bardos ist der Intellekt mindestens das 9-fache. Im Sipa-Bardo gibt es nur die Intelligenz des Unterbewußtseins. Die beschriebenen 49 Tage im Bardo Thödol sind keine wirklichen Tage, sondern Bewußtseinszustände ohne zeitlicher Bindung. Übrigens die Konzentration funktioniert auch im Tod und im Bardo.

Da sehr wenig Menschen Zugang zum Wissen des Bardo Thödol haben und so gut wie niemand einen Mystiker kennt, der ihnen kurz vorher im Todesmoment durch Belehrung oder später im Bardo durch direkte Begleitung helfen kann, wird alles vom Karma höchst gerecht gesteuert. Daher sollte man schon vorher recht-zeitig auf sein Denken achten, die Selbstbeobachtung der Sinne (besonders der Geschmacksinn) praktizieren und sich um die Konzentrationsfähigkeit bemühen – aber das ergibt die gute Praxis soundso.

Was ist der mystische Tod?

Das ist die Wiedergeburt im eigenen Wesen, man ist dann ein "anderer". Dies geschieht im Laufe einer geistigen Entwicklung kontinuierlich oder erst am Ende, wenn die Erleuchtung erreicht wird. Im letzteren Fall ist der Vorgang hart und schmerzhaft, denn alle animalischen Tendenzen werden buchstäblich durch das "Feuer des Geistes" ausgebrannt. Es muß vermieden werden, daß man dabei stirbt. Im anderen Fall findet diese Umwandlung während der ganzen Entwicklungsstrecke statt und ist eher angenehm, allerdings treten dabei kurzfristige Schwächezustande auf. Dieser Prozeß ist der sagenhafte "Phönix". Die Methoden dazu sind u.a. die extensive Konzentration, Pranayama und das Wach-Werden. Jetzt versteht man die Aussage "man muß zuerst sterben, bevor man (im Licht) leben kann".